3. Spieltag: Borussia Dortmund - TSG Hoffenheim
- The-Austrian-Backhhead
- 27. Aug. 2021
- 7 Min. Lesezeit
Zu Beginn des 3. Spieltags eröffnet Borussia Dortmund in einem Freitagabendspiel gegen die TSG Hoffenheim. Während das Team von Neu-Coach Marco Rose aufgrund der Niederlage am vergangenen Spieltag in Freiburg bereits unter Zugzwang steht, legte die Mannschaft von Sebastian Hoeneß mit 4 Punkten aus zwei Spielen einen ordentlichen Saisonstart hin. Zudem verspüren die Hoffenheimer im Gegensatz zu den ambitionierten Borussen auch nicht jenen Druck, der im Falle einer Niederlage in Dortmund einkehren und Das Ziel einer lang ersehnten Meisterschaft mit lediglich 3 Punkten aus 3 Spielen fraglich erscheinen lassen würde.

Roy Gilbert/Revierfoto/Pool via Kirchner-Media
Mit besseren Erinnerungen an das letzte Duell im Signal-Iduna-Park reisen womöglich sogar die Gäste aus Hoffenheim an, die damals über weite Strecken des Spiels überzeugend und offensiv gefährlich auftraten und sich das Unentschieden letztendlich auf die eigene Fahne zu schreiben hatten.
Mit Spannung darf in diesem Spiel erwarten werden, wie viele Umstellungen beide Trainer im Vergleich zum letzten Pflichtspiel vornehmen werden. Sowohl in Dortmund als auch bei der TSG lichten sich nämlich allmählich die Lazarette und die Optionen im Kader nehmen zu. Nichtsdestotrotz schauen sich auch beide Vereine noch intensiv auf dem Transfermarkt um, gleichwohl diese Spieler aber nicht für das Spiel am Freitag infrage kämen.
Possible Line-Up im 4-3-1-2: Kobel - Can / Witsel / Akanji / Guerreiro - Bellingham / Dahoud / Reyna - Reus - Haaland / Hazard
Der BVB: Eine Blitz-Analyse
Im Zusammenhang mit der Offensivpower der Dortmunder gilt bei Verwendung des Wortes "Blitz-Analyse" der altbekannte, lateinische Ausdruck: Nomen est Omen.
Wer die Szenen der Dortmunder Torgefahr analysiert, dem wird schnell bewusst, dass der BVB unter Marco Rose wieder vermehrt für das steht, was ihn vor allem unter Jürgen Klopp so erfolgreich, aber eben auch beliebt gemacht hat: Das schnelle, vertikale Spiel in die Tiefe, mit möglichst wenig Kontakten, dafür aber in umso höherem Tempo.
Zum Glück - zumindest aus Dortmunder Sicht - wirkt die Offensivreihe des BVB für diese Art des Spiels geradezu prädestiniert. Womöglich verfügen sie mit dem Duo aus Marco Reus und Erling Haaland sogar über das Spielerpaar in ganz Europa, das die dafür notwendigen Komponenten am besten vereint.
Speziell dieser Aspekt des Dortmunder Offensivspiels, aber auch andere ihre Stärken, möchte im Folgenden kurz darlegen:
Erste Szene: Hab-Acht vor dem Dortmunder Gegenpressing

In dieser ersten Szene kann man gut beobachten, was es für Auswirkungen auf das eigene Spiel hat, wenn man gegen den BVB in einer Dreierkette aufläuft. Durch die aufgerückten Außenverteidiger, sowie ein in der Dortmunder Hälfte präsentes Mittelfeld bieten sich (hier) Eintracht Frankfurt durchaus auch numerisch gut besetzte Räume zwischen den Dortmunder Ketten. Um die Bälle in diese Räume in geringerem Risiko spielen zu können, rückt dann der ballführende äußere IV in die gegnerische Hälfte.
Nun versucht der BVB durch geschicktes Verschieben und Pressen in Ballnähe den IV der Frankfurter zum Abdrehen zu zwingen. (Aus Hoffenheimer Sicht erscheint es in solchen Situationen als sinnvoll, den Ball auf jeden Fall zwischen die Linien der Dortmunder zu bringen).

Dreht der Spieler dann ab, so nehmen die Dortmunder ihn sofort in die Zange und erzwingen einen Ballverlust, den sie dann sofort mit der Dynamik von Reus und Haaland nach vorne tragen:
Szenen-Pottpourie: Reus + Haaland
Im Zusammenspiel von Reus und Haaland gibt es gleich mehrere Szenen, die exemplarisch für das Verhalten der beiden Offensivspieler sowohl in Kontersituationen als auch aus dem eigenen Ballbesitz heraus stehen.
Konter 1:

Eine erste dieser Szenen zeigt was passiert, wenn man als Gegner gegen den BVB mit viel Personal bis an deren Strafraum vorstößt und anschließend weit aufgerückt ins Gegenpressing geht. In diesem ersten Bild zeigt sich, dass sich auf Höhe des Strafraums 5 Spieler in Richtung des Ballführenden Spielers orientieren und ihn zum Ballverlust zwingen wollen. Dies führt allerdings dazu, ....

dass der Raum hinter den auf- sowie eingerückten Außenverteidigern und 6ern sich öffnet und nach einem Ball hinter diese Kette der Weg frei ist für ein konzertiertes Vorgehen von Reus und Haaland.
Was das Zusammenspiel aus Reus und Haaland so gefährlich macht, zeigt sich vor allem in den folgenden beiden Szenen.
Konter 2:
Die erste diese beiden Szenen zeigt das Verhalten von Reus nach eigenem Ballgewinn. In diesen Situationen lässt er sich in Richtung des eigenen Strafraums fallen, um den Ball anzunehmen und mit seiner technischen Klasse dem eigenen Spiel Geschwindigkeit zu verleihen.

Eine weitere große Qualität von Marco Reus - da sucht er womöglich in dieser Hinsicht sogar seinesgleichen - ist das Gespür für den Pass im richtigen Moment. Im Gegensatz zu den letzten Jahren des BVB wurde diese Qualität auch wieder wichtiger, da nun mit Haaland ein Sturmpartner bereit steht, der nicht nur das Gespür für die Laufwege und den Raum hinter der letzten Kette des Gegners, sondern...

... auch die dafür nötige Geschwindigkeit mitbringt. Diese Kombination ist unter anderem deshalb so wertvoll, da die gegnerischen Verteidiger dadurch praktisch gezwungen werden das Risiko einer Abseitsfalle einzugehen. Dies ist deshalb der Fall, da es beinahe unmöglich als Verteidiger ein vertikales Laufduell gegen Haaland zu gewinnen, und man somit jenen Moment finden muss, in dem der Pass gespielt, aber Haaland eben bereits jene Zentimeter im Abseits steht.
Gefährlich wird diese Strategie vor allem deswegen, da auf Seiten des Passgebers mit Marco Reus ein Spieler steht, der es wie in dieser Szene auch sichtbar geradezu liebt diese Pässe im richtigen Moment zu spielen.
Spieleröffnung über Reus:
Folgende Szene zeigt, dass die Qualitäten dieser beiden Spieler auch dann zum Tragen kommen, wenn der BVB aus eigenem, kontrollierten Ballbesitz agiert. Dann zeigt sich nämlich zum einen eine Fähigkeit von Reus, die man mit Kramaric vergleichen kann. Er spürt, dass sich zwischen den gegnerischen Ketten ein Raum öffnet und er sich als 10er direkt vom ballführenden IV anspielen kann.
Mit seiner technischen Klasse ist er dann fähig mit wenigen Kontakten und innerhalb kürzester Zeit dem Ball Tempo in Richtung des gegnerischen Tores zu geben und auch dann wieder im richtigen Moment auf einen im Geschwindigkeitsüberschuss in die Tiefe stoßenden Haaland durchstecken zun können.
Eine neue Stärke des BVB: Dank Kobel und Haaland
Eine weitere (neue) Stärke im Dortmunder Spiel kommt durch die Verpflichtung von Gregor Kobel im Zusammenspiel mit der Offensive rund um Erling Haaland hinzu.

Denn selbst in Fällen, in denen der Gegner des BVB nun hoch presst und auch den Torwart unter Druck setzt, gelingt es Kobel mit seinen technischen Fähigkeiten jene Räume zwischen den letzten beiden Ketten zu finden, in die sich Reus und Haaland fallen lassen können.

Gelingt die Verarbeitung dieser langen Bälle, so ist es aufgrund der bereits beschriebenen Qualitäten von Reus und Haaland extrem schwierig einen Torabschluss überhaupt noch zu verhindern:
Gleichwohl stellt sich natürlich die Frage, mit welcher taktischen Ausrichtung man dem BVB begegnet, wenn sowohl hohes Pressing, als auch eigener dominanter Ballbesitzfussball die Gefahr gefährlicher Dortmunder Konter heraufbeschwören können.
Am geeignetsten erscheint es hierbei aus Sicht der TSG, eine gute Balance zwischen nicht zu risikoreichem Ballbesitz, kompakter Verteidigung und ebenfalls überfallartigen Kontern zu finden.
In Anbetracht einer eher auf defensive Kompaktheit setzenden Taktik gilt es neben den bereits angesprochenen Stärken von Marco Reus im Zwischenraum der gegnerischen Ketten auch auf die diversen 6er und 8er der Dortmunder zu achten. Egal ob Mo Dahoud, Jude Bellingham oder Giovanni Reyna oder auch andere Spieler des BVB im spiel- und laufstarken Mittelfeld auflaufen, so verfügen nahezu alle Spieler im Kader, aber im besonderen die eben Genannten über eine extreme Ballsicherheit und technische Finesse.
Szene: Das Dortmunder Mittelfeld
Der große Vorteil des neuen Dortmunder Systems unter Marco Rose mit einer Raute im Mittelfeld ist die gelungene Kombination aus Aggressivität, sowie Dynamik, 1-gegen-1-Qualitäten und technischer Beschlagenheit.
In dem folgenden Szenenausschnitt kann man sehr gut erkennen, inwieweit diese Mittelfeld dem BVB zur Variabilität gegen tieferstehende Gegner hilft. Indem wie in diesem Fall Jude Bellingham sich bis an die Außenlinie seiner Seite fallen lässt, zieht er den ihm zugeordneten Gegenspieler raus an die Linie und eröffnet im Zentrum viel Raum. Dadurch, dass Dahoud als 6er nicht in diesen Raum stößt, eröffnet er dem eigentlich ballfernen 8er Giovanni Reyna die Möglichkeit in diesen zentralen Raum zu stoßen. Dadurch dass beide AV des BVB sehr hoch stehen und auch Marco Reus sich immer wieder zwischen die beiden gegnerischen 6er fallen lässt, ist es den Freiburgern in diesem Moment nicht möglich genügend Druck auf Reyna auszuüben oder in gar zu doppeln.

Diese Situationen sind deshalb so gefährlich, weil es ausnahmslos allen Spielern des Dortmunder Mittelfelds jederzeit zuzutrauen ist, eine solche Situation nicht mit einem Rückpass in Richtung der eigenen Hälfte, sondern durch ein gekonntes Dribbling in Richtung des gegnerischen Strafraums aufzulösen.

Das einzige, was dem Dortmunder Mittelfeld im Laufe dieser Saison noch ein wenig abgeht, ist, dass sie aus diesen Situationen noch zu wenig Kapital schlagen.
Gegen den BVB: Ein Matchplan
Um gegen den BVB erfolgreich bestehen zu können, empfiehlt es sich auch in der Offensive eine Herangehensweise zu wählen, die gleich mehrere Komponenten vereint.
Anschließend werde ich exemplarisch aufzeigen, auf was es gegen das Team von Marco Rose besonders ankommt:
Komponente 1: Druck auf Dortmunds AVs ausüben -> Ballgewinn auf dem Flügel -> Die 3 Offensiven bereits zwischen den beiden letzten Dortmunder Ketten -> Ball auf den ballentfernten Flügel verlagern, das dort durch den weit aufgerückten anderen AV des BVB viel Raum ist.
Komponente 2: Mit dem eigenen AV bei hochaufgerückten Dortmundern selbst Kontern und bis zur Grundlinie durchbrechen -> Mit den 3 Offensivkräften den Strafraum besetzen und in Richtung des 1. Pfosten schieben -> Eigener ballferner 8er (6er) oder AV rückt dynamisch nach und fordert am 2. Pfosten die Flanke
Komponente 3: Kombination aus den beiden zuvor genannten Elementen = Aggressivität in der Nähe des eigenen 16ers -> Verlagerung noch aus der eigenen Hälfte in Richtung der offenen, vom AV des BVB verlassenen Seite -> Hinterlaufen am Flügel durch den eigenen dynamischen AV -> Flanke auf den zweiten, dynamisch besetzten Pfosten
Komponente 4: Präsenz der 3 Offensivkräfte zwischen den 6ern/8ern und den IV des BVB -> Ballgewinn der eigenen 6er -> vertikaler Pass und überspielen des Dortmunder Mittelfelds -> Auffächern der 3 Offensivkräfte und somit auseinanderliegen der lediglich zwei verbliebenen Dortmunder Verteidiger
All diese Beispiele schreien geradezu danach, dem Matchplan gegen den BVB die Überschrift "Schlagen mit den eigenen Waffen" zu geben. Es wird sowohl darauf ankommen defensive Stabilität, Kompaktheit aber vor allem auch Aggressivität für eigene Ballgewinne an den Tag zu legen. des Weiteren gilt es aber vor allem in der Offensive, mutig zu sein und mit 3 sowohl variablen als auch dynamischen Spielern immer wieder in die Räume zwischen und hinter die Dortmunder Ketten zu kommen.
Insgesamt erscheint für mich ein 4-3-3-Formation sinnvoll zu sein, da sie vor allem ein kompaktes Mittelfeld ermöglicht, welches im Spiel gegen den BVB wohl am entschiedensten werden dürfte, aber eben auch dafür sorgt, dass man mit zwei reinen Flügelstürmern spielen kann, die immer wieder unermüdlich in jene Räume stoßen, die durch die weit aufgerückten AVs der Dortmunder entstehen. In diesem System könnte dann sogar Kramaric als eine Art falsche 9 agieren und die IV des BVB noch weiter herausziehen, um die Lücken für dynamische Spieler wie Adamyan oder Braun Larsen aufzureißen.
Zudem scheint wohl eine etwas zurückgezogenere Herangehensweise vor allem deshalb sinnvoll, da man sonst auch aufgrund der beschriebenen, hinzugewonnen Qualitäten von Kobel in Verbindung mit dem Duo aus Reus und Haaland Gefahr läuft bei hohem Dressing ins offene Messer zu laufen.
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